Fachforum "Agrophotovoltaik mit bifacialen Modulen - Möglichkeiten zur Doppelnutzung von  landwirtschaftlichen Flächen"


Zu einem Fachforum zur Möglichkeit der Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen zur Lebensmittel- und Energieerzeugung hatten der Biosphärenzweckverband Bliesgau, die Landwirtschaftskammer für das Saarland sowie der saarländische Berufsverband der Landschaftsökologinnen und -ökologen nach Bexbach eingeladen.

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Zur Erreichung der Klimaschutzziele und zum verstärkten Ausbau der Photovoltaik sind neben Dachflächen auch größere Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen erforderlich. Hierbei gerät die Energieerzeugung jedoch in Konflikt mit der Nutzung dieser Flächen zur Erzeugung von Nahrungsmitteln sowie mit dem Natur- und Landschaftsschutz.
Eine Lösung dieser Konflikte können dabei die sogenannten bifacialen Module bieten. Dabei werden die Anlagen senkrecht aufgebaut und zwischen den Modulreihen ausreichend Platz für eine landwirtschaftliche Bearbeitung der Flächen gelassen. Ein solcher Aufbau macht die landwirtschaftliche Weiternutzung der Agrarfläche nicht unmöglich, allerdings bestehen von Seiten der Landwirtschaft Bedenken wegen der Einschränkungen der landwirtschaftlichen Nutzung und deren Folgen. 
Zunächst stellte Christian Koch vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) den Bezug des Fachforums zum aktuell laufenden EU-Projekt ZENAPA her. Das Projekt versucht mit einer Laufzeit bis 2024 in insgesamt zwölf Großschutzgebieten in Deutschland beispielhafte Lösungen an der Schnittstelle von Klimaschutz, Biodiversität und Bioökonomie aufzuzeigen. Dazu gehört auch die Option der Doppelnutzung landwirtschaftlicher Flächen zur Energie- und Nahrungsmittelerzeugung sowie die Verbindung mit Naturschutzmaßnahmen. Die Biosphäre Bliesgau erhofft sich hiervon, ihren Anteil von derzeit knapp zehn Prozent Solarstrom am Stromverbrauch deutlich zu steigern.
Nicola Saccà vom saarländischen Wirtschaftsministerium verwies auf die saarländischen Verordnung für Photovoltaik auf benachteiligten Agrarflächen vom Dezember 2018. Damit seien zunächst weitere 100 MW Photovoltai bis 2022 möglich. Dies sei ein wesentliches Instrument um das Ziel der Landesregierung von 20 Prozent Erneuerbare Energien am hohen Strombedarf im Saarland zu decken. Allerdings befindet man sich über die bundesweiten Ausschreibungen im harten Wettbewerb mit Fächen in Bayer, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Für zentral hält er die Einbindung der Bevölkerung  über die Beteiligung an den insgesamt sieben Bürgerenergiegenossenschaft im Saarland oder an Projektgesellschaften.
Heiko Hildebrandt erläuterte das Anlagenkonzept der Firma Next2Sun. Dabei greift das Unternehmen auf bifaciale Module zurück, die in der Regel in Ost-West-Richtung in einem Abstand von rd. zehn Meter aufgebaut werden. Neben der minimalen Überbauung der Fläche gegenüber geneigten Modulen, sodass eine landwirtschaftliche Nutzung weiterhin möglich bleibt, überzeugt die Technik durch einen spezifischen Mehrertrag von zehn bis 15 Prozent. Hinzu kommt, dass der klassische Peak in der Mittagszeit durch zwei mittlere Peaks am Morgen und Nachmittag ersetzt wird. Auf diese Weise lassen sich auch Flächen in Gebieten mit Netzengpässen nutzen. Perspektivisch sind auch Südausrichtungen, größere Reihenabstände bis 25 m oder höhere Abstände der Module vom Boden denkbar.
Christoph Hassel, der Landesvorsitzende des BUND Saar, sieht in der Agrophotovoltaik generell und speziell auch mit den bifacialen Modulen Chancen für den Naturschutz durch Extensivierung von Flächen, die Schaffung potenzieller Rückzugsorte für viele Arten und auf den ungenutzten Streifen unterhalb der Module die Möglichkeit, Strukturelemente wie etwa Trittsteine zu schaffen. Für die Altgrasstreifen liessen sich Managementpläne entwickeln. Unabdingbar sei die Eingrünung der Anlage mit einheimischen Sträuchern und Heckenstrukturen sowie vorgelagerte Blühstreifen. Damit ließe sich der ökologische Kompensationsbedarf und der Umfang externer Ausgleichsflächen wahrscheinlich deutlich reduzieren.
In eine ähnliche Richtung argumentierte Rolf Klein vom NABU Saarland. Zwar könnten Solarparks generell den Flächenverbrauch vorantreiben, das Landschaftsbild verändern und das Mikroklima verändern, doch sei nit bifacialen Modulen durchaus eine stärker naturverträgliche Umstzung möglich etwa durch die Standortwahl, den Reihenabstand, die Folgenutzung, aber auch die Umfeldgestaltung. Entscheidend sei aber letztlich eine Einzelfallbetrachtung. Hilfreich wäre aus seiner Sicht auch das intensive Monitoring von neuen Anlagen.
Robert Zimmer, der Direktor der Landwirtschaftskammer für das Saarland, betonte eingangs den noch immer bestehenden Grundsatzbeschluss der Kammer zur Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen von 2012: Um dem weiteren Flächenfraß zu begegnen, wurden PV-Anlagen auf existentiellen Flächen für die Landwirtschaft abgelehnt.  Auf weniger geeigneten Flächen ist nach Einzelfallprüfung eine Zustimmung möglich, wenn kein zusätzlicher Flächenausgleich über landwirtschaftliche Flächen erfolgen muss. In der Agrophotovoltaik sieht er die Chance, dass der Flächenausgleich entfallen kann. Ein wesentlich größeres Problem besteht aktuell jedoch in der bestehenden Direktzahlungs-Durchführungsverordnung. Nach § 12 sind landwirtschaftliche Flächen nicht mehr prämienfähig, wenn sich dort eine Photovoltaikanlage befindet. Dies müsse der Gesetzgeber zeitnah anpassen. Eine erste Einschätzung gab Elmar Rullof, Landwirt aus Eppelborn, der seit Oktober 2018 eine Fläche mit bifacialen Modulen bewirtschaftet. Aus Praktikabilitätsgründen wird er die betreffende Fläche von einer Silageerzeugung mit Düngung und viermaligem Schnitt auf eine Fläche zur Heu- und Graserzeugung umstellen. Auch er bemängelte die komlett wegfallende Flächenprämie.
Dr. Markus Groß, Rechtsanwalt in der Kanzlei Heimes und Müller, machte deutlich, dass für die Genehmigung von Agrophotovoltaikanlagen noch keine speziellen palnungsrechtlichen Vorgaben existieren. Es komme weder die Privilegierung nach § 35 des Baugesetzbuchs noch die Zulässigkeit als "sonstiges Vorhaben" in Frage. Von daher führe an der Aufstellung eines Bebauungsplans kein Weg vorbei. Hier komme jedoch der sog. Typenzwang ins Spiel. Landwirtschaftliche Nutzung und Energieerzeugung schließen sich quasi aus. Auch die letzte Option des "Sondergebiets" ermögliche zwar die Nutzung von Photovoltaik. Darf zugleich auch die landwirtschaftliche Nutzung festgesetzt werden, stellte er in den Raum.  Eine mögliche Lösung könnte über eine neuartige Zweckbestimmung  als „Sondergebiet Agrophotovoltaik“ liegen. Hier sei letztlich der Gesetzgeber gefragt.

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