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Zahlen, Fakten und weitere Infos

UNESCO-Biosphärenreservate sind Modellregionen für nachhaltige Entwicklung. Sie schützen die biologische Vielfalt, vermarkten regionale Produkte, fördern naturverträglichen Tourismus, nachhaltige Mobilität sowie umweltschonende Produktionsweisen und stellen sich den Herausforderungen des sozialen und kulturellen Wandels. Sie sind Orte der Umweltbildung und –forschung und der kulturellen Entwicklung und arbeiten in ihrem Weltnetz international zusammen. Biosphärenreservate bieten die große Chance, neue Perspektiven für eine regionale Entwicklung zu erproben. In Deutschland stehen Natur, Landschaft und der wirtschaftende Mensch mit ihren jeweiligen Wechselwirkungen im Mittelpunkt.

Das sanfthügelige Relief der Region ist geprägt durch ausgedehnte Streuobstwiesen, wertvolle Buchenwälder, artenreiche Trockenrasen und eine eindrucksvolle Auenlandschaft, die von dem namensgebenden Fluss, der Blies, durchzogen wird. Der Norden der Biosphäre Bliesgaus ist städtisches Einzugsgebiet - mit einer Bevölkerungsdichte über dem Bundesdurchschnitt ist der Bliesgau im Vergleich zu den anderen deutschen Biosphärenreservaten ohnehin eher städtisch geprägt. Im Anerkennungsjahr 2009 war es das erste Biosphärenreservat bundesweit, das auf kleinem Raum städtische und ländliche Gebiete eng verzahnt, womit das Spannungsverhältnis Stadt-Land vor dem Hintergrund nachhaltiger Entwicklung sehr gut thematisiert werden kann. Von anderen Biosphärenreservaten unterscheidet sich das Biosphärenreservat Bliesgau deshalb nicht zuletzt durch die (für ein Biosphärenreservat) hohe Bevölkerungsdichte von etwa 290 Einwohnern pro km². Mit St. Ingbert und Blieskastel liegen zwei Städte vollständig innerhalb der Grenzen des Biosphärenreservates.

Eine naturschutzfachliche Besonderheit der Region ist die klein parzellierte Vielfalt der Landschaft: verschiedene Lebensräume greifen auf engstem Raum ineinander und sind ein Zuhause für viele seltene Tier- und Pflanzenarten. So beherbergt das Biosphärenreservat Bliesgau etwa 80 Prozent des saarländischen Vorkommens des vom Aussterben bedrohten Steinkauzes. Bemerkenswert sind auch die großen und stabilen Populationen des Goldenen Scheckenfalters und die ausgedehnten Kalkhalbtrockenrasen, auf denen man nahezu die Hälfte der in Deutschland vorkommenden Orchideenarten bewundern kann. In der wildromantischen Bliesaue findet der aufmerksame Besucher auch die Spuren der Biber, die seit 1999 hier wieder heimisch sind.

Als ein sehr altes Siedlungsgebiet hält der Bliesgau darüber hinaus viele Möglichkeiten zur Spurensuche der römischen und keltischen Besiedlung bereit. Genannt seien an dieser Stelle der „Europäische Kulturpark Bliesbruck-Reinheim“ oder das Römermuseum in Schwarzenacker. Ein Grund mehr die Vergangenheit und die Gegenwart zu nutzen um die Zukunft nachhaltig zu gestalten.
 

Das Biosphärenreservat Bliesgau liegt in der südöstlichsten Ecke des Saarlandes, an der Grenze zu Frankreich und Rheinland-Pfalz. Es umfasst die Gemeinden Gersheim, Mandelbachtal, Kirkel, Kleinblittersdorf sowie die Städte Blieskastel, St. Ingbert und Teile der Stadt Homburg. Damit vereinigt es 90 % des Saarpfalz-Kreises mit 8 % des Regionalverbandes Saarbrücken. Seine Gesamtfläche beträgt 36.152 ha und damit ca. 14 % der Fläche des Saarlandes.

Diese Region wurde 2007 nach Bundes- bzw. Landesrecht als Biosphärenreservat ausgewiesen. Die Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat erfolgte im Mai 2009. 
Karte des Biosphärenreservates Bliesgau

Karte des Biosphärenreservates Bliesgau

Gemäß den internationalen Leitlinien der UNESCO braucht jedes Biosphärenreservat eine Mindestgröße von 300 Quadratkilometern. Außerdem ist es, abgestuft nach dem Grad der menschlichen Einflussnahme, in drei Zonen einzuteilen: In eine Kernzone, eine Pflegezone und eine Entwicklungszone. Mit der Zonierung ist keine Rangfolge im Hinblick auf ihre Wertigkeit verbunden. Vielmehr hat jede der drei Zonen spezielle, ihr zugewiesene Aufgaben und Funktionen zu erfüllen:

Kernzone - Natur Natur sein lassen 

In der Kernzone soll sich die Natur ohne menschliche Einflussnahme entwickeln, deshalb wurde die Nutzung auf diesen Flächen im Jahr 2007 (Jahr der Ausweisung) eingestellt. Hier wurden zehn verschiedene Waldlebensräume und halboffene Flächen ausgewählt. Sie umfassen eine Größe von 1.201 Hektar und sind als Naturschutzgebiet rechtlich geschützt. Alle Kernzonenflächen befinden sich in Besitz der öffentlichen Hand.
 

Pflegezone - Tafelsilber des Naturschutzes

Die Pflegezone soll Flächen enthalten, die durch menschliche Nutzung entstanden bzw. geprägt sind und weiterhin nachhaltig genutzt werden müssen, um ihre naturschutzfachliche Wertigkeit zu erhalten. Hier stehen die Maßnahmen primär unter dem Aspekt „Naturschutz durch Nutzung“. 
Ein Vorzeigeprojekt ist das mehr als 2100 ha umfassende Naturschutzgroßvorhaben des Bundes „Saar-Blies-Gau/Auf der Lohe“. Ziel ist die Erhaltung und Entwicklung von orchideenreichen Kalk-Magerrasen und mageren, extensiv genutzten Mähwiesen. Europaweit einmalig sind Flächengröße, -anteil und naturschutzfachlicher Wert des Grünlandes. Alte Kalk-Steinbrüche und großflächige Kalkhalbtrockenrasen wurden entbuscht und extensive Grünland-Bewirtschaftung langfristig vertraglich gesichert. Die Pflegezone in der Biosphäre Bliesgau ist in mehrere Flächen unterteilt und umfasst 7.243 Hektar.
Idealtypisch soll die Pflegezone die Kernzonen umgeben um selbige vor schädlichen Einflüssen schützen. 

Entwicklungszone - Nachhaltige Entwicklung im Fokus

Die Entwicklungszone umfasst alle Bereiche, die weder Kern- noch Pflegezone sind, also den Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum der Bevölkerung. Ziel ist die Entwicklung von Wirtschaftsweisen und Lebensstilen, die den Bedürfnissen von Mensch und Natur gleichermaßen gerecht werden. Die umwelt- und sozialverträgliche Produktion sowie die Vermarktung umweltfreundlicher Erzeugnisse, Klimaschutzmaßnahmen und die Förderung nachhaltiger Lebensstile seien an dieser Stelle als Beispiel genannt.
 

Da jedes UNESCO-Biosphärenreservat eine eigene Verwaltungsstelle vorweisen muss, wurde im Biosphärenreservat Bliesgau der „Biosphärenzweckverband Bliesgau“ gegründet. Er wird von den sieben Mitgliedskommunen des Biosphärenreservates (Blieskastel, Gersheim, Homburg, Mandelbachtal, Kirkel, Kleinblittersdorf und St. Ingbert), dem Saarpfalz-Kreis sowie dem Ministerium für Umwelt des Saarlandes gebildet.

Die Geschäftsstelle des Biosphärenzweckverbandes ist die zentrale Koordinierungs- und Servicestelle der Modellregion. Neben Verwaltungsaufgaben bearbeitet sie auch viele fachspezifische Themen. Wesentlich ist hierbei die Zusammenarbeit mit und die Unterstützung von lokalen Akteuren. Denn ein Biosphärenreservat ist nur dann im Sinne der UNESCO erfolgreich, wenn es vor Ort gelebt wird, wenn Akteure das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung mit Leben füllen.
Daher arbeitet der Biosphärenzweckverband beispielsweise eng mit dem dem Biosphärenverein (Förderverein des Biosphärenreservates), mit Bliesgau Obst e.V. und Bliesgau Genuss e.V., sowie der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) Biosphärenreservat Bliesgau e.V. zusammen. Letztere vergibt die Mittel des EU-Förderprogrammes LEADER und hat ein breit aufgestelltes Netzwerk im Bereich nachhaltige Regionalentwicklung eingerichtet.

Um bestehende Kompetenzen und andere Einrichtungen in die Entwicklung des Biosphärenreservates einzubinden, wurde das sog. „Satellitenmodell“ entwickelt. Verwaltungen und Institutionen, die auf Grund ihrer Zuständigkeiten Aufgaben erfüllen, die auch für die Erreichung der Ziele des Biosphärenreservates relevant sind, werden über entsprechende Kooperationsverträge in die Arbeit des Biosphärenzweckverbandes eingebunden. Sie erfüllen dann im Rahmen ihrer regulären Aufgaben auch Teilaufgaben für den Biosphärenzweckverband und das Biosphärenreservat Bliesgau. Ein Beispiel ist die Kooperation zwischen dem Biosphärenzweckverband, der Tourismuszentrale des Saarlandes und der Saarpfalz-Touristik, die die Aufgabenverteilung bei der touristischen Vermarktung des Biosphärenreservates regelt. 
 

Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation. Seit 1978 zeichnet sie weltweit Biosphärenreservate aus. Auf ihrer Internetseite, www.unesco.de, beschreibt sie das Netzwerk der Biosphärenreservate wie folgt:
"Mit derzeit 748 Biosphärenreservaten stärkt die UNESCO nachhaltige Entwicklung in 134 Ländern weltweit. Damit trägt sie zur Erreichung der Ziele der Agenda 2030 bei.
Biosphärenreservate fördern Lösungsansätze, die den Erhalt der biologischen Vielfalt mit ihrer nachhaltigen Nutzung durch den Menschen in Einklang bringen. Sie sind Modellregionen für nachhaltige Entwicklung in unterschiedlichen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Kontexten. Insgesamt leben mehr als 275 Millionen Menschen auf der Welt in Biosphärenreservaten (dies entspricht mehr als drei Prozent der Weltbevölkerung).

Das UNESCO-Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ (MAB), das Grundlage für Biosphärenreservate und deren Anerkennung bildet, wurde 1971 eingerichtet. Es war das erste globale Programm, das sich umfassend mit der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt beschäftigte und multidisziplinäre Forschungsansätze nutzte. 1978 wurde das erste Biosphärenreservat von der UNESCO ernannt.
Grundlage für das MAB-Programm und die Arbeit von Biosphärenreservaten bilden unter anderem die Sevilla-Strategie von 1995, die MAB-Strategie 2015-2025, der Aktionsplan von Lima von 2016 und der "Exzellenzprozess" von 2021. Deutschland hat für die Gründung des MAB-Programms wichtige politische und fachliche Impulse gegeben und tut dies bis heute.
"Seit mehr als einem halben Jahrhundert steht das UNESCO-Programm 'Der Mensch und die Biosphäre' an der Spitze eines weltweiten Bestrebens, die Beziehungen zwischen Mensch und Erde neu zu überdenken." -  Ms Audrey Azoulay, Generaldirektorin der UNESCO.

Im Rahmen des MAB-Programms der UNESCO vernetzen sich die Biosphärenreservate auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene, um gemeinsam zur Förderung von biologischer Vielfalt und nachhaltiger Entwicklung beizutragen. Das dynamische und interaktive Weltnetz der Biosphärenreservate verbindet eine Vielzahl von Akteuren aus unterschiedlichen Regionen miteinander. Im Vordergrund stehen dabei insbesondere der Wissens- und Erfahrungsaustausch sowie ein partizipativer Dialog zwischen den MAB-Akteuren, um so gemeinsam Ansätze zu entwickeln, damit Gesellschaften den nachhaltigen Wandel aktiv mitgestalten, Armut effektiv bekämpft und Respekt für kulturelle Werte gefördert werden.

Weltkongresse aller Biosphärenreservate werden in größeren zeitlichen Abständen durchgeführt. Außerdem gibt es innerhalb des Weltnetzes eine Vielzahl von regionalen Netzwerken, wie beispielsweise den Zusammenschluss von Biosphärenreservaten aus Europa und Nordamerika im Netzwerk EuroMAB oder von afrikanischen Biosphärenreservaten im Netzwerk AfriMAB."

Zur vollständigen Liste aller Biosphärenreservate

Die Nationalen Naturlandschaften (NNL) sind das Bündnis der deutschen Nationalparke, Wildnisgebiete, Naturparke und Biosphärenreservate. Gemeinsam mit den Menschen bewahren sie auf rund einem Drittel der Fläche Deutschlands faszinierende Natur, vermitteln Freude beim Erleben der Natur und gestalten die Zukunft mit Zuversicht nachhaltig. Träger der Dachmarke „Nationale Naturlandschaften“ sind die Verbände Nationale Naturlandschaften e. V. und Verband Deutscher Naturparke e. V. Die beiden gemeinnützigen Vereine arbeiten partnerschaftlich zusammen und vertreten die Interessen der Nationalen Naturlandschaften als deren Dachverbände in Politik und Gesellschaft.

Auf einem Drittel der Landesfläche Deutschlands setzen sich 141 Nationale Naturlandschaften für Naturschutz, Klimaschutz und ein nachhaltiges Leben ein. Gemeinsam laden wir alle Menschen ein, mit uns faszinierende Natur zu bewahren, Freude in und mit der Natur zu erleben und mit Zuversicht die Zukunft nachhaltig sowie klimaneutral zu gestalten.

Auf der Internetseite der NNL findet sich z.B auch ein Übersichtskarte der deutschen Biosphärenreservate

Zu den drei Nationalen Naturlandschaften im Saarland zählen der Naturpark Saar-Hunsrück, wo Schutz und Entwicklung der Kulturlandschaft für Mensch und Tier im Vordergrund stehen. Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald, dessen Konzept dazu im Gegensatz steht: Hier soll die Natur sich selbst überlassen werden. Und
schließlich das UNESCO-Biosphärenreservat Bliesgau, welches sich als Modellregion für den Erhalt der Kulturlandschaft durch eine nachhaltige Entwicklung engagiert. 

Auf der Seite des saarländischen Umweltministeriums finden Sie eine Karte der Nationalen Naturlandschaften im Saarland.